«Was ich noch sagen wollte ...»

Die monatlich erscheinende Kolumne von Arbeitgeberdirektorin Saskia Schenker zu diversen aktuellen Themen, die die Arbeitswelt beschäftigen

«Die Zukunft muss man sich erarbeiten»

An der kürzlichen Jubiläumsfeier unseres Partnerverbands im Aargau, der Aargauischen Industrie- und Handelskammer, trat alt Bundesrat Kaspar Villiger mit einer äusserst inspirierenden Rede auf. Einmal mehr, möchte ich hier anfügen. Seine Rede mit Blick auf die aktuellen geopolitischen Herausforderungen bis hin zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Analyse der Schweiz trug den Titel

«Die Vergangenheit darf man feiern – die Zukunft muss man sich erarbeiten». 

Der Titel steht ganz im Gegensatz zu seiner Feststellung, dass sich die Schweiz von einer Leistungsgesellschaft hin zu einer Anforderungsgesellschaft entwickelt. Eine Feststellung (oder Befürchtung?), die ich teile. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass in vielen Menschen in unserer Gesellschaft diese urschweizerische Grundhaltung noch vorhanden ist, dass man zuerst seinen Beitrag leistet, bevor man fordert. Diese Grundhaltung machte die Schweiz zu dem, was sie heute ist: eines der wohlhabendsten Länder der Welt. Ganz grundsätzlich macht uns alle schon allein die Tatsache, in der Schweiz geboren zu sein, mit all den Chancen, Möglichkeiten, Unterstützungen, Absicherungen und Auffangnetzen zu den privilegierteren Menschen auf dieser Welt. Auch viele unserer Jungen sind sich dessen bewusst und tragen diese Grundhaltung noch in sich. In Gesprächen merke ich, dass sich viele junge Menschen durchaus bewusst sind, dass sich Leistung – einen Beitrag leisten - lohnt. Diese Jungen oder überhaupt alle Menschen mit dieser Grundhaltung nimmt man in der Öffentlichkeit aber leider kaum wahr.

Hansueli Schöchli schrieb kürzlich in einem NZZ-Artikel mit dem Titel «Solche Probleme möchten viele Länder haben» den Satz 

«Wer Forderungen stellt, muss den Status quo schlecht reden».

Die Gewerkschaften würden dies von Berufs wegen tun: «Sie fordern laufend Lohnerhöhungen und wollen in Abstimmungskämpfen immer wieder einen Ausbau von Subventionen und Umverteilungen durchsetzen», so Schöchli. Kurz: Sie reden die Wohlstandsinsel Schweiz schlecht. Wir werden täglich über alle möglichen (Medien-)Kanäle mit diesem Schlechtreden des Wohlstands der Schweiz konfrontiert. Es darf nicht sein, dass es uns gut, ja, sogar besser geht als allen anderen Ländern dieser Welt.

Mittels Statistiken zeigt der Autor auf, dass es den Schweizerinnen und Schweizern finanziell ausgezeichnet geht, «ob gemessen an Lebenserwartung, Wohlstand, Arbeitslosigkeit oder allgemeiner Bevölkerungszufriedenheit: Im internationalen Vergleich steht die Schweiz sehr gut da». Wir könnten also die Vergangenheit, in der viele Menschen ihren Beitrag zum heutigen Wohlstand geleistet haben, auch etwas feiern und dankbar sein dafür.

Stattdessen wird politisch immer noch mehr gefordert, ohne konkret zu sagen, wie etwas finanziert werden soll.

Wie weit diese Entwicklung zur Anforderungsgesellschaft in der Schweizer Bevölkerung tatsächlich fortgeschritten ist, ist fraglich. Vielleicht sind diejenigen, die fordern und Probleme bewirtschaften einfach die lautesten Stimmen – diejenigen, die auch am meisten mobilisieren, weil skandalisieren? Eines ist klar: Von Fordern allein wird die Zukunft nicht besser. Und wenn alle Forderungen auch noch an der Urne angenommen werden, weil man ja irgendwann einfach glauben muss, dass es uns schlecht geht, dann bauen wir in der Gegenwart hohe Schulden zu Lasten der künftigen Generationen auf. Dann können die Jungen in Zukunft nicht mehr die Vergangenheit feiern, sondern müssen zuerst deren Schuldenabbau erarbeiten.

Oder kurz:

Wenn wir auch in Zukunft die Vergangenheit feiern wollen, müssen wir sie uns erarbeiten.

Saskia Schenker, Direktorin Arbeitgeberverband Region Basel

Monatskolumnen
Arbeitgeberverband Region Basel

Kolumne Mai 2024 zum Thema«Die Zukunft muss man sich erarbeiten»

 

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Kolumne April 2024 zum Thema «Lohnabzüge/Löhne nicht weiter belasten»

 

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Kolumne März 2024 zum Thema «Ältere Arbeitnehmer/innen: Erfahrung mehr nutzen»

 

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Kolumne Februar 2024 zum Thema «Eine 13. AHV-Rente bedeutet weniger Geld für die erwerbstätige Bevölkerung»

 

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Die bereits erschienenen Monatskolumnen finden sie hier:

 

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